Weil der Haushalt für das laufende Jahr nicht schon in im vergangenen Dezember verabschiedet werden konnte, wurden anlässlich der Ratssitzung am 19. März 2024 auch die Reden der Fraktionen zum städtischen Haushalt 2024 gehalten.

Den Redebeitrag von Matthias Renkel, Vorsitzender der AfD Ratsfraktion Witten, zum diesjährigen Wittener Haushalt können Sie unter nachstehendem Link nicht nur im Wortlaut nachlesen oder als PDF-Datei herunterladen, sondern Sie können diesen auch als Podcast von unterwegs im Auto der der Bahn anhören.

Erfahren Sie in seiner Haushaltsrede unter anderem, warum der große Physiker Albert Einstein vollkommen recht damit hatte, als er einmal sagte, dass „die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.“, aber auch, was der diesjährige städtische Haushalt mit einer bekannten US-amerikanischen Filmkomödie aus den 90er Jahren zu tun hat.

Antworten auf diese und noch viel mehr Fragen erhalten Sie hier…


Die Rede der AfD Ratsfraktion Witten zum städtischen Haushalt 2024 erhalten Sie hier als PDF-Datei:

Haushaltsrede 2024 – AfD Ratsfraktion Witten


Die Rede der AfD Ratsfraktion Witten zum Wittener Haushalt 2024 hier als Audio-Podcast anhören:


 

Nachstehend die Rede der AfD Ratsfraktion Witten in der Ratssitzung am 19.03.2024 im Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
geschätzte Kollegen Ratsmitglieder,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

in Vorbereitung meiner heutigen Haushaltsrede kam ich mir vor, wie der von Bill Murray gespielte Charakter Phil Connors in der US-amerikanischen Filmkomödie „Und täglich grüßt das Murmeltier…“ aus dem Jahr 1993 – im Übrigen mein Filmtipp für alle Anwesenden, die dieses Meisterwerk noch nicht gesehen haben.

Im Film steckt die egozentrische und sarkastische Hauptfigur in einer Zeitschleife fest und muss so ein und denselben Tag immer wieder erleben, bis er schlussendlich erst hierdurch den Wert des Lebens erkennt und als geläuterter Mann sein Leben glücklich und zufrieden fortsetzen kann.

Bei der Durchsicht des vorliegenden Haushalts und meiner Haushaltsreden der vergangenen drei Jahre, hatte auch ich das Gefühl, in einer Zeitschleife gefangen zu sein. Denn sieht man von den Passagen über „Corona“ einmal ab, so könnte ich meine erste Haushaltsrede aus dem Jahr 2020 heute noch genauso halten, wie ich es damals leider wegen des teilweisen politischen Corona-Lockdowns nicht tun durfte.

Denn meine damalige Rede zum Haushalt hat nichts an ihrer Aktualität eingebüßt und die damals von mir beschriebenen Probleme sind heute immer noch genau dieselben, wie 2020. Das bedeutet im Umkehrschluss leider auch, dass wir kein Stück dabei vorangekommen sind, die massiven Probleme in unserer Stadt anzupacken, die fast alle mit der Finanzmisere, in der wir uns befinden, zusammenhängen. Im Gegenteil, denn diese hat sich seitdem nicht gebessert, sondern weiter verschärft.

Das ist zwar sehr bedauerlich, war aber auch erwartbar, denn wie soll sich etwas an der finanziellen Notlage unserer Stadt ändern, wenn auf allen staatlichen Ebenen immer weiter dieselben Fehlentscheidungen getroffen werden, die uns über Jahrzehnte in das finanzielle Schlamassel hineingeführt haben?

Der große Physiker Albert Einstein hat einmal gesagt: „Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.“.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, meine werten Kollegen, was wir hier in unserer Stadt seit vielen Jahren erleben, ist in finanzieller Sicht Wahnsinn. Und wenn wir wirklich etwas daran verändern wollen, dann sollten wir dringend, und zwar hier in diesem Stadtrat, endlich damit beginnen, unser Verhalten zu überdenken oder wir werden weiterhin immer dieselben Ergebnisse produzieren, nämlich Schulden!

Aber schauen wir zunächst einmal detaillierter in den vorliegenden Haushalt, bevor wir dann zu einigen Ansätzen meiner Fraktion kommen, wie wir unabhängig einer zwar wünschenswerten, aber eben in den Sternen stehenden „Altschuldenregelung“ zumindest erst einmal das tun, was in unserer eigenen Macht liegt, um dem finanziellen Wahnsinn zu entkommen:

Lässt man die in diesem Jahr auslaufende Corona/Ukraine-Isolation außer Betracht, dann ist der Haushalt auch in diesem Jahr wieder geprägt von den höchsten Einnahmen, die unsere Stadt jemals hatte. Sie belaufen sich auf 341 Mio. € und reichen doch bei weitem nicht aus, um kostendeckend zu wirtschaften, denn leider kennen auch die Aufwendungen in Witten immer nur eine Richtung – und zwar nach oben!

Das liegt im Wesentlichen an den sogenannten „Transferaufwendungen“, die mit 183,4 Mio. € den weitaus größten Teil der Aufwendungen darstellen, und die auch in diesem Jahr und gegenüber dem Vorjahr um sage und schreibe 10,4 Mio. € ansteigen – ein Anstieg von 6,0 % in nur einem Jahr!

Größter Posten in den Transferaufwendungen ist wiederrum das, was unsere Stadt dieses Jahr an den Landkreis über die Kreisumlage entrichten soll, nämlich fast 84 Mio. €. Entsprechend fällt das diesjährige Defizit aus. Es wird voraussichtlich mindestens 40 Mio. € betragen.

Mindestens deshalb, weil uns die Erfahrung der letzten Jahre gelehrt hat, dass es sich dabei aller Voraussicht nach um eine optimistische Annahme handelt, denn in der Vergangenheit ergaben sich im laufenden Haushaltsjahr immer wieder Mehrkosten – beispielsweise für die inzwischen völlig aus dem Ruder gelaufene wirtschaftliche Jugendhilfe – die dann in nachträglichen Budgeterhöhungen vom Rat nachbewilligt werden mussten.

Für das Folgejahr 2025 sieht die Prognose sogar noch düsterer aus, denn hier rechnet unser geschätzter Herr Kämmerer mit einem Defizit i.H.v. 50,0 Mio. €, wodurch die Finanzverschuldung und auch der Zinsaufwand weiter an Dynamik gewinnen.

Wenn eine mittelgroße Stadt wie Witten rund 500 Mio. € Schulden angehäuft hat, dann ist es wohl unbestreitbar, dass in unserer Stadt offensichtlich deutlich über die eigenen Verhältnisse gewirtschaftet wurde, denn wer mehr ausgibt, als er einnimmt, der macht Schulden. Wer Schulden abzubauen beabsichtigt, der muss mehr einnehmen, als er ausgibt – so lautet das einfache ökonomische Prinzip hinter einer soliden Haushaltsführung, welches seit jeher in Witten keine Anwendung findet!

Was aber ist zu tun, um die finanzielle Abwärtsspirale zu durchbrechen?

Zunächst einmal müssen wir endlich raus aus der Komfortzone. Das bedeutet z.B., dass ein für alle Mal Schluss damit sein muss, dass das Verfahren zur Herstellung des Benehmens zwischen dem Kreis und den kreisangehörigen Städten zur Festsetzung der Kreisumlage nur als ein formeller Verwaltungsakt betrachtet und ohne jeden energischen Protest unseres Bürgermeisters vonstattengeht. Stattdessen sollten wir uns viel enger mit den anderen Städten des Kreises abstimmen und den Spardruck auf den Kreis durch Formulierung gemeinsamer Positionen massiv erhöhen.

Die Sondersitzung des Kreisausschuss am 30. Oktober des letzten Jahres kann hierzu nur ein erster richtiger und wichtiger Auftakt gewesen sein, um den Kreis stärker für die berechtigten Belange und die finanziellen Nöte und Herausforderungen unserer Stadt zu sensibilisieren. Das sich vermehrter Druck auszahlt, zeigt sich nicht zuletzt auch konkret daran, dass die ursprünglich vorgesehene Erhöhung des Kreisumlagehebesatzes von 39,0 % auf 42,2 % mit den gestern im Kreistag beschlossenen 40,74 % nun deutlich weniger drastisch ausfällt.

Als Kreistagsmitglied kann ich Ihnen aus erster Hand sagen, dass gerade auf Kreisebene noch ganz erhebliche Einsparpotenziale liegen, die es nun zu heben gilt.

Hierfür ein konkretes Beispiel: Allein für das laufende Jahr sieht der vorliegende Stellenplan des Landkreises die Schaffung von weiteren 41 Stellen (VJ 48 zusätzliche Stellen) auf dann 1.200 Beschäftigte in der Kreisverwaltung vor. Noch im Jahr 2014 beschäftigte der Landkreis „nur“ 828 Beschäftigte. In gerade einmal zehn Jahren bedeutet dies einen Personalanstieg in der Kreisverwaltung von sage und schreibe 45%, den auch wir über unsere überhöhte Kreisumlage finanzieren mussten.

Für die AfD ein nicht akzeptabler Umstand, denn statt andauernd weiteres Personal und damit Fixkosten aufzubauen, sollte der Landkreis vielmehr Anstrengungen unternehmen, die dem Landkreis obliegenden Aufgaben auch mit einem geringeren Personaleinsatz zu erfüllen.

Für weitere Details zu den Einsparpotenzialen auf Ebene des Kreises, verweise ich aus Zeitgründen an dieser Stelle gerne auf meine Haushaltsrede in der gestrigen Sitzung des Kreistages, die Sie auf der Internetseite der AfD Kreistagsfraktion Ennepe-Ruhr auch als Podcast anhören können.

Aber nicht nur der Landkreis muss sich bewegen und seine Kosten deutlich senken, damit eine Entlastung über die Kreisumlage erfolgen kann, auch wir müssen besser darin werden, uns auf das Wesentliche zu konzentrieren und unsere Hausaufgaben zu machen.

Konkret bedeutet das zum einen, dass wir nicht unbedingt nötige Ausgaben tunlichst unterlassen sollten, wozu auch die allermeisten der eingebrachten Haushaltsanträge zählen.

Ein interaktiver Haushalt, Schulbeförderung in Durchholz, eine dritte Stelle für irgendwelche „Street-Worker“ oder unnötige Arbeitsaufträge an die Verwaltung (Stichwort: Antrag der umbenannten SED zur Kennzahlenerfassung im Straßenbau) sind „Nice-to-have“ – aber auch nicht mehr – und damit aus haushälterischer Sicht schlichtweg abzulehnen.

Und selbstverständlich haben sich auch die politischen Akteure in der Stadt an den erforderlichen Kostensenkungen mit einem substanziellen Beitrag zu beteiligen und so mit einem guten Beispiel voranzugehen.

Auch deshalb haben wir nun den Antrag gestellt, die Zuwendungen an die Fraktionen bis zum Ende der laufenden Wahlperiode pauschal um 25 % zu kürzen. Wir sind davon überzeugt, dass der politische Auftrag grundsätzlich auch von einem kleineren Stadtrat und mit deutlich geringerer finanzieller Ausstattung der Fraktionen erfüllt werden kann. So können weitere Mittel für die Zukunft eingespart und die Defizite reduziert werden.

Immerhin gönnen sich die im Rat unserer Stadt vertretenen Fraktionen nicht unerhebliche Zuwendungen. So bekommen SPD und CDU Höchstbeträge von fast 90.000 Euro und die drittgrößte Fraktion der Grünen immerhin noch 79.000 Euro aus unserer klammen Stadtkasse überwiesen – und das jedes Jahr!

Auch in der konsequenten Abschiebung nicht Asylberechtigter liegt für uns ein weiterer effektiver Ansatz zur Kostensenkung. Dies betrifft in unserer Stadt rd. 400 Personen, die uns – da sie ebenso wie anerkannte Asylanten Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz von uns erhalten – jedes Jahr rund 5 Mio. € kosten!

Neben verstärkten Bemühungen, Kosten signifikant in allen städtischen Bereichen zu senken, dürfen wir auch die Einnahmenseite nicht vernachlässigen. Auch hierzu aus Zeitgründen nur ein Beispiel:

Für 2023 hat unsere Stadt insgesamt 2,8 Mio. Euro an Unterhaltsvorschussleistungen ausgezahlt. Im Rahmen des Rückgriffs wurden aber nur läppische 288 TEuro Euro geltend gemacht – also gerade einmal 10 % der von uns geleisteten Zahlungen. Kassenwirksam eingegangen sind auf diese Forderungen bis Mitte dieses Monats kaum mehr als 127 TEuro, wie eine Anfrage der AfD-Fraktion unlängst ergeben hat, was für die AfD ein nicht hinnehmbarer Umstand ist.

Werte Kollegen, unsere Stadt steht zweifelsohne ganz am Ende der politischen Nahrungskette. Auch deshalb ist der vorliegende Haushalt das logische Abbild dessen, woran unser Land insgesamt krankt.

Es wird Sie wenig überraschen, dass wir den Haushalt deshalb auch in diesem Jahr wieder ablehnen werden.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, meine geschätzten Kollegen, ähnlich wie Phil Connors in dem Film „Und täglich grüßt das Murmeltier…“ erlebe auch ich als engagierter Kommunalpolitiker, dem seine Stadt wirklich am Herzen liegt, dass wir immer und immer wieder dieselben Fehler machen. Ich lade Sie alle herzlich dazu ein, gemeinsam mutig zu sein, neue Wege zu beschreiten und so endlich aus der endlosen Zeitschleife der politischen Fehlentscheidungen und finanziellen Miseren auszubrechen.

Wenn uns das gelingen würde, dann wäre das für unsere Stadt ein riesiger Schritt nach vorne und meine Fraktionskollegen und ich wären ebenso wie Phil Connors geläutert und könnten glücklich und zufrieden in die Zukunft schauen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Matthias Renkel
Fraktionsvorsitzender